Initiative "Dialogforum Pflegekinderhilfe"

Die amtliche Kinder- und Jugendhilfestatistik wies für das Jahr 2012 aus, dass in  78.945 Fällen Leistungen der Vollzeitpflege gem. § 33 SGB VIII gewährt wurden (vgl. Monitor HzE 2014: S. 70f.). Umgerechnet auf die altersentsprechende Bevölkerung bedeutet dies, dass 50 von 10.000 der unter 21-jährigen Kinder und Jugendlichen im Rahmen einer Vollzeitpflege untergebracht waren. In den letzten Jahren sind Leistungen der Vollzeitpflege weiter angestiegen; zwischen 2008 bis 2012 lag der Zuwachs bei rund 20%. 

Während der letzten Jahre konnten vielfältige Initiativen zur konzeptionellen und fachlichen Weiterentwicklung der Pflegekinderhilfe verzeichnet werden. So entstanden nebeneinander unterschiedliche Arbeitsgruppen beispielsweise zur Verwandtenpflege beim Deutschen Verein (Empfehlungen zur Verwandtenpflege vom 18.04.2014), zu Perspektiven der Pflegekinderhilfe beim Deutschen Institut für Jugendhilfe und Familienrecht (Weiterdenken in der Pflegekinderhilfe – Texte von Praktiker/innen für Praktiker/innen, Mai 2015), ein regelmäßig tagender Arbeitskreis aus Wissenschaft und Praxis beim Kompetenzzentrum Pflegekinder/IGfH, ein Runder Tisch der Adoptiv- und Pflegefamilienverbände, größere Tagungen der Universität Siegen, der IGfH, des DIJuF und PFAD.

Im Rahmen nationaler und internationaler Netzwerke beteiligten sich bspw. das Deutsche Jugendinstitut (DJI), die Forschungsgruppe Pflegekinder an der Universität Siegen und die Universität Hildesheim an Forschungsen zur Pflegekinderhilfe. Einerseits wurden so Grundlagen für die fachliche Arbeit der Praxis und deren Weiterentwicklung gelegt. Andererseits unterstrichen die Forschungsergebnisse ebenso wie die bundesweiten Diskussionen auch gesetzlichen Weiterentwicklungsbedarf. Der 14. Kinder und Jugendbericht (2013) griff dies auf. Auch der Deutsche Familiengerichtstag bestätigte mit einer umfangreichen Stellungnahme zur Weiterentwicklung des Pflegekinderrechts den Reformbedarf und forderte u.a. eine Ergänzung des BGB mit dem Ziel der Sicherung der Kontinuität des Lebensmittelpunktes für Pflegekinder (DFGT – Kinderrechtekommission, Reformbedarf im Pflegekinderwesen, Juni 2014).

Die Diskussion um die Pflegekinderhilfe wurde von der Konferenz der Justizminister_innen aufgegriffen und das Bundesministerium der Justiz aufgefordert „zu untersuchen, ob und ggf. wie durch gesetzliche Regelungen die rechtliche Position von Pflegefamilien in lang dauernden Pflegeverhältnissen im Interesse des Kindeswohls verbessert werden kann“. Die Jugend- und Familienministerkonferenz der Länder (JFMK) hat schließlich auf ihrer Sitzung am 22./23. Mai 2014 dazu aufgefordert, eine Bund-Länder-AG unter Einbeziehung der Justiz- und Gesundheitsressorts voranzutreiben, die neben der Kooperation im Bereich interdisziplinärer Kinderschutzarbeit auch gesetzliche wie fachliche Änderungen in Dauerpflegeverhältnissen voranbringt, damit „die für das Wohl des Pflegekindes bestmöglichen Rahmenbedingungen unter Abwägung aller Aspekte geschaffen werden können“.  

Vor dieser Ausgangslage erschien es notwendig, dies mit den Protagonist_innen der Pflegekinderhilfe in Deutschland gemeinsam fachlich, rechtlich und strategisch zu diskutieren. Ziel des Forums, das den Namen Dialogforum Pflegekinderhilfe erhielt, war es somit, im Dialog mit den unterschiedlichen Akteur_innen in der Pflegekinderhilfe die Diskussion zu bündeln. Fachliche und rechtliche Handlungsbedarfe wurden gemeinsam ermittelt und diese Erkenntnisse der Fachöffentlichkeit zur Verfügung gestellt.